Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4^/ie gesetzgeberischen Arbeiten zur Regelung des Proceßverfahrens
mit Berücksichtignng des fremden Rechts beginnen in der Mark Branden-
burg unter dem Kurfürsten Joachim I. Die non Mylius als ältestes
Civilproceßgesetz vom Jahre 1516 abgedruckte „Ordnung des Churfürstl.
Cammergerichts in der Marck zu Brandenburg und andern zugehörigen
Herrschaften und Landen" ist indessen niemals pnblicirt worden. Zlber auch
als bloßer Entwnrf hat sie Anspruch auf Berücksichtigung, denn es kann
nicht zweifelhaft sein, daß sie in jener Uebergangszeit vielfach Anwendung
gefnnden hat, zumal in Brandenburg, wie allenthalben damals in Deutsch-
land, auf diesem Rechtsgebiete die verbindliche Kraft der canonisch-roma-
nischen Lehren im allgemeinen unbestritten war. Dieser Entwurf nun ist
offenbar gearbeitet auf Grund der Leipziger Hofgerichtsordnungen von
1493 und 1488 (oben S. 131 ff.), was sich auch dnraus erklärt, daß wesent-
lichen Antheil an der Arbeit der Leipziger Doctor Wolfgang Kettwich ge-
habt zu haben scheint, der im Dienste des Herzogs Georg von Sachsen
stand, zugleich aber schon längere Zeit als „Rath von Haus aus" gleich-
zeitig dem Kurfürsten von Brandenburg gedient hatte (vgl. Stölzel I, 128,
129). Die Ordnung regelt hauptsächlich die Organisation des Gerichts,
das Beamtenwesen, Advokatur, Sitzungszeit u. s. w. Die Bestimmungen
sind vielfach wörtlich dem sächsischen Vorbilde entnommen.

Das Gericht soll bestehn aus 4 vom Kurfürsten delegirten Räthen
und 8 weiteren ständischen Beisitzern „zwen von wegen unnser prelaten,
graven unnd hern, vier aus der ritterschafft" (je einer aus der Alt-, Mittel-,
Neumark und Priegnitz) „unnd zwen von den stetten wegen". Den Vorsitz
führt in Abwesenheit des Landesfürsten ein von ihm aus der Zahl der
Beisitzer bezeichneten Richter (222). Alljährlich viermal „als zu jglicher
quatuortemperzeit" wird Gewicht gehegt, drei mal zu Köln im Schloß an
der Spree, einmal im Frühjahr zu Tangermünde an der Elbe (224). Jn
der Zwischenzeit besorgt „ein doctor des gerichts" „sammpt dem gerichts-
schreiber" die laufenden Geschäfte. Zuständig ist das Kammergericht in
 
Annotationen